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Nationalokkultismus

Teil II

von Arfst Wagner

 

Der okkulte Aspekt des Nationalsozialismus hat Hochkonjunktur

Im folgenden will ich mich insbesondere mit Äußerungen von Joseph Goebbels und Adolf Hitler auseinandersetzen, die etwas über ihre religiös-spirituellen Auffassungen aussagen können. Mancher Leser wird vielleicht fragen, was das denn soll. Die Zeit des Nationalsozialismus sei um, und wir sollten uns mehr dem gegenwärtigen Geschehen zuwenden. Wie gegenwärtig die Thematik ist, glaube ich, genügend deutlich gemacht zu haben. In den beiden Artikeln über "Anthroposophen und Nationalsozialismus" (73) finden sich eine Menge Gegenwartsbezüge und auch in dem ersten Teil der vorliegenden Arbeit (74) ist Gegenwartsliteratur herangezogen worden. Man braucht sich nur einmal die Auflagen dieser Literatur anzuschauen, wenn man ermessen will, wie weit sich solche Gedankengänge, wie sie bei Ravenscroft (75) , McCloud (76) oder Landig (77) zu lesen sind, verbreitet haben.

Literatur zum okkulten Aspekt des Nationalsozialismus hat Hochkonjunktur, und das nicht nur im deutschsprachigen Raum. Auf jeden Fall kann, und das ist des öfteren betont worden, das Vokabular dieses eigenartigen Okkultismus dahin führen, das eigene Vokabular, z.B. der gängigen anthroposophischen Literatur, erheblich selbstkritischer unter die Lupe zu nehmen und nicht in naiver Weise weiter zu gebrauchen und vielleicht auf diese Weise sogar zu mißbrauchen. Es ist doch völlig unnötig, suchenden Menschen durch solche Naivität den Zugang zur anthroposophischen Weltauffassung geradezu zu erschweren.

Was aber noch schwerer wiegt: Durch den Nationalsozialismus und den nationalokkultistischen Begriffsmißbrauch haben sich auch die Wege zur und in der geistigen Welt erschwert. Denn solche Worte, wie die Adolf Hitlers, die ich in der vorliegenden Arbeit darstellen und zitieren werde, haben geistige Tatsachen geschaffen, die heute als geistige Hindernisse weiterbestehen. Und vielleicht ist gerade das die tiefere Ursache der heutigen Renaissance nationalsozialistischen Gedankenguts. Nehmen wir nur die Vorgänge um die Externsteine: Immer wieder kommt es an für diese Externsteine wichtigen Daten, so z.B. zur Sommersonnenwende am 21. Juni, an diesem Ort zu Auseinandersetzungen zwischen Gruppierungen des New Age und rechtsgerichteten Kreisen.

Was hat sich – und das ist eine Frage, die hier offenbleiben muß – bei den okkulten Feierlichkeiten im Quedlinburger Dom wirklich ereignet? Was geschah in der Wewelsburg? (78) Sind diese Veranstaltungen wirklich nur traurige Lachnummern gewesen, als welche sie bis heute gerne dargestellt werden, oder wurden dort geistige Realitäten geschaffen? Der Autor ist von letzterem zutiefst überzeugt. Die dabei waren, sind nicht mehr unter den Lebenden.

Doch wenden wir uns jetzt wieder der weiteren Darstellung zu. Hoffe ich doch, auf weitere Rechtfertigungen verzichten zu können, da meiner Ansicht nach schon die bisher recherchierten Tatsachen für sich selber sprechen.

 

Michael – ein deutsches Schicksal

Denken wir noch einmal an die Aussage Rudolf Steiners über das, was die Menschenseelen, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf ihre Inkarnation vorbereiteten, in der geistigen Welt unmittelbar vor ihrer Geburt erfuhren. Eine herabsteigende Seele, die sich unter dem Eindruck der verstorbenen materialistisch imprägnierten Seelen, in dem Entschluß, eine Spiritualisierung der Weltverhältnisse zu bewirken, inkarnierte, könnte wohl etwa so gesprochen haben, bevor der Nationalsozialismus diese Impulse total verbog:

 

"20. Februar.

Prolog zum Christus. Dichter und Zeitgeist in der Wüste vor der Welt.

Dichter:

Der Geist ist ewig nur der eine selbe,

Geist einte uns,

Geist führt die guten Willens zueinander.

Er leidet jetzt und siecht;

Doch in dem letzten Ringen

Wird er die Starken zueinanderreißen.

Geist ist Gott!

Ich glaube an Gott.

Wenn alles stürzt, wir fassen

Die letzte Planke,

Wir schauen

Vom sicheren Port,

Wie die entgötterte Gesellschaft

Der alten, heilgen Europa

Zusammenstürzt.

Das Spiel beginne.

 

27. Februar.

Arbeit erlöst.

Ich schäme mich meines kleinen Mutes.

 

Der dritte Akt der Christus-Phantasie ist fertig.

Ich habe mich noch nicht ausgesprochen.

Aber ich finde das erlösende Wort.

6. März.

Ich will Wegweiser sein.

Am Vaterland will ich Dienst tuen.

Die Bahn brechen." (79)

 

"Christus gab mir viel – aber nicht alles.

Wir müssen ihn aufs neue in uns erwecken.

Das können wir nur mit bewußter eigener Kraft." (80)

 

Der Verfasser dieser "Tagebuchnotizen" ist Joseph Goebbels. In seiner Jugend war Goebbels in seinem Elternhaus nicht besonders antisemitisch erzogen worden. So äußerte er sich in einem Brief am 17.02.1919 über den Antisemitismus noch folgendermaßen:

"Du weißt ja, daß ich dieses übertriebene Antisemitentum nicht besonders leiden mag. [...] Ich kann ja auch nicht gerade sagen, daß die Juden meine besonderen Freunde wären, aber ich meine durch Schimpfen oder gar durch Pogrome schafft man sie nicht aus der Welt, und wenn man es auf diese Weise könnte, dann wäre das sehr unedel und menschenunwürdig." (81)

Er studierte bei dem jüdischen Germanisten Friedrich Gundolf, den er sehr verehrte und promovierte bei dem von ihm geschätzten "Halbjuden" von Waldberg. (82)

Wahrscheinlich unter dem Einfluß der Lektüre des Buches "Grundlagen des 20. Jahrhunderts" von Houston Stewart Chamberlain entwickelte Goebbels dann rassistische Tendenzen. Sein Rassismus blieb aber dennoch stets "christlich fundiert". In dem schon zitierten Buch "Michael" schrieb er im Jahre 1929:

"Nun habe ich das Wort: wir modernen Deutschen sind so etwas wie Christussozialisten.

Christus ist das Genie der Liebe, als solches der diametralste Gegenpol zum Judentum, das die Inkarnation des Hasses darstellt. Der Jude bildet eine Unrasse unter den Rassen der Erde. Er hat dieselbe Aufgabe, die im menschlichen Organismus der Giftbazillus hat: den Widerstand der gesunden Kräfte mobil zu machen oder ein zum Tode bestimmtes Lebewesen schneller und geräuschloser sterben zu lassen.

Christus ist der erste Judengegner von Format. 'Du sollst alle Völker fressen!' Dem hat er den Krieg angesagt. Deshalb mußte das Judentum ihn beseitigen. Denn er rüttelte an den Fundamenten seiner zukünftigen Weltmacht.

Der Jude ist die menschgewordene Lüge. In Christus hat er zum erstenmal vor der Geschichte die ewige Wahrheit ans Kreuz geschlagen. Das hat sich an die Dutzende Male in den darauf folgenden zwanzig Jahrhunderten wiederholt und wiederholt sich heute aufs Neue.

Die Idee des Opfers gewann zum erstenmal in Christus sichtbare Gestalt. Das Opfer gehört zum Wesen des Sozialismus. Sich selbst hingeben für die anderen. Dafür hat der Jude allerdings kein Verständnis. Sein Sozialismus heißt: die anderen zum Opfer bringen für sich selbst.

So sieht auch der Marxismus in der Praxis aus.

Verteile Dein Gut an die Armen: Christus.

Eigentum ist Diebstahl – solange es nicht mir gehört: Marx.

Christussozialisten: das heißt, freiwillig und gern das tuen, was die Allerweltssozialisten aus Mitleid oder Staatsraison tuen.

Moralische Notwendigkeit gegen politische Einsicht.

Der Kampf, den wir heute ausfechten bis zum Sieg oder bis zum bitteren Ende, ist im tiefsten Sinne ein Kampf zwischen Christus und Marx.

Christus: das Prinzip der Liebe.

Marx: das Prinzip des Hasses." (83)

Und weiter:

"Wer den Teufel nicht hassen kann, der kann auch Gott nicht lieben. Wer sein Volk liebt, der muß die Vernichter seines Volkes hassen, aus tiefster Seele hassen.

Vom Juden gelobt zu werden: das ist die furchtbarste Strafe, die einen Deutschen treffen kann.

Wenn der Jude einen Finger haben will, dann schreit er aus voller Kehle, die Hand muß ich haben. Und Michel kommt ihm dann auf halbem Wege entgegen und gibt ihm zwei Finger." (84)

So kommt Goebbels dann zu folgender Aussage über Christus:

"Christus kann gar kein Jude gewesen sein. Das brauche ich erst gar nicht wissenschaftlich zu beweisen. Das ist so!" (85)

Aus diesen Auszügen aus dem Jahre 1929 spricht deutlich Goebbels Judenhaß. In der Einleitung zu den jüngst bei Piper herausgegebenen Goebbels-Tagebüchern schreibt Ralf Georg Reuth:

"Seit 1922 begann Goebbels zwischen dem zunehmend verhaßten Materialismus und dem Judentum einen Zusammenhang herzustellen." 86 "... Goebbels sah in den Juden nun immer mehr die Verkörperung des Materialismus, des Bösen schlechthin, des 'Anti-Christen' und damit die konkret Schuldigen am Übel dieser Welt." (87)

Heute würde man sagen, er war inzwischen Anhänger einer Theorie einer jüdischen Weltverschwörung geworden. Als Waffen dieser "jüdischen Weltverschwörung" sah er den Kampf gegen Deutschland im Ersten Weltkrieg, die Börse und den Marxismus, den er als "jüdische Mache" bezeichnete.

Er beklagte, daß nirgendwo das "starke Genie, das aus dem Chaos der Zeit auf neuen Wogen zu neuen Zeiten führt" (88) , zu finden sei.

Seine Erwartungshaltung wird auch aus einem Gedicht deutlich, das wiederum dem Buch "Michael" entnommen ist.

 

"Wir wollen stille sein

Und warten,

Bis ein Stern vom Himmel fällt.

Siehst Du, wie oben Licht an Licht

Sich zündet

Zu einem Dom!

Wir sitzen im Schweigen

Und falten

Die Hände zum Gebet.

Wir wollen stille sein

Und warten

Bis ein Stern vom Himmel fällt." (89)

 

Im Jahre 1924 feierte Joseph Goebbels Adolf Hitler als den "großen deutschen Apostel", als "die Inkarnation unseres Glaubens und unserer Idee". 90

Der "Stern" sollte dann im Januar 1933 endgültig "vom Himmel" fallen. Joseph Goebbels mag sich wie sein Verkünder, wie ein Johannes der Täufer empfunden haben, als er am 24. Juli 1926 folgende Worte in sein Tagebuch schrieb:

"Der Chef spricht über Rassenfragen. Man kann das so nicht wiedergeben. Man muß dabeigesessen haben. Er ist ein Genie. Das selbstverständlich schaffende Instrument eines göttlichen Schicksals. Ich stehe vor ihm erschüttert. So ist er: wie ein Kind, lieb, gut, barmherzig. Wie eine Katze listig, klug und gewandt, wie ein Löwe, brüllend-groß und gigantisch. [...] Gedanken, wie ich sie wohl schon dachte, aber noch nicht sprach.

... Er predigt den neuen Staat und wie wir ihn erkämpfen.

Wie Prophetie klingt das. Droben am Himmel formt sich eine weiße Wolke zum Hakenkreuz. Ein flimmerndes Licht steht am Himmel, das kein Stern sein kann. Ein Zeichen des Schicksals? [...] Ich bin etwas wie glücklich. Dieses Leben ist schon wert, gelebt zu werden." (91)

 

Religiöse Motive in Reden und Schriften Adolf Hitlers

Der österreichische Historiker Friedrich Heer veröffentliche im Jahre 1968 sein umfangreiches Werk "Der Glaube des Adolf Hitler – Anatomie einer politischen Religiosität". (92) Heer beschreibt unter dem Aspekt der religiösen Einflüsse die Biographie Hitlers und die Probleme derjenigen, die auf das religiöse "Führer"-Charisma, von ihm tief beeindruckt, reihenweise hereinfielen. Zu diesen Führersehnsüchten und den diesen Sehnsüchten zugrunde liegenden Erwartungen hat sich Christoph Lindenberg in einem Interview mit dem Verfasser in einer früheren Ausgabe der Flensburger Hefte bereits geäußert. (93)

Bei Adolf Hitler finden wir eine Unzahl religiöser Motive, sei es in dem Buch "Mein Kampf", sei es in seinen verschiedenen Reden. In seinem Buch "Rückkehr zum Paradies oder Erbauen des Neuen Jerusalem?" hat Hans-Diedrich Fuhlendorf in dem Kapitel "Adolf Hitlers apokalyptisches Weltbild" die Hauptmotive aus "Mein Kampf" wie folgt zusammengefaßt:

"Was für ein Weltbild sich Hitler erworben hatte, läßt sich an einigen Absätzen aus seinem Buch 'Mein Kampf' zeigen. Hitler verwendet folgende Ausdrücke:

– das Riesenreich im Osten, Sowjetrußland, Marxismus, Bolschewismus, der Jude;

– der Erdball, die Bewohner dieses Sterns, der Totenkranz der Menschheit, vor Jahrmillionen, nach tausendjähriger Dauer, bis in fernste Zeiten, die Grundlage des Universums, Chaos, Katastrophe;

– der Himmel, das Werk des Herrn, das höchste Ebenbild des Herrn, der Arier, ein neuer Alexanderzug, Vertreibung aus dem Paradies, Himmelstürmer, Luzifer, Teufel, Beelzebub, giftige Umarmung, internationale Schlange, Ausgeburt der Hölle, Verpestung unseres Blutes." (94)

Man muß die Texte und Reden Hitlers schon sehr genau lesen, mit den richtigen Ohren hören, um Hinweise auf okkulte Zusammenhänge zu finden. Er hat sozusagen keinen Okkultismus "gelehrt". Er sprach für das Volk, er benutzte die Stimme des Volkes, er verlieh der "tiefen Not des deutschen Volkes" eine Stimme. Joseph Goebbels sah in ihm die Verkörperung des "Sterns, der vom Himmel fällt". (95)

Möchte man z.B. ergründen, ob die Mythen von Hitlers Suche nach dem Heiligen Gral (96) in irgendeiner Weise an eine Aussage Hitlers anknüpfen, so wird man z.B. folgende Aussage finden, die dann jedoch vieles offenläßt. Adolf Hitler beschreibt in "Mein Kampf" seine Eindrücke einer Aufführung von Richard Wagners "Lohengrin":

"Die oberösterreichische Landeshauptstadt besaß damals ein verhältnismäßig nicht schlechtes Theater. Gespielt wurde so ziemlich alles. Mit zwölf Jahren sah ich da zum ersten Male 'Wilhelm Tell', wenige Monate darauf als erste Oper meines Lebens 'Lohengrin'. Mit einem Schlage war ich gefesselt. Die jugendliche Begeisterung für den Bayreuther Meister kannte keine Grenzen. Immer wieder zog es mich zu seinen Werken, und ich empfinde es heute als besonderes Glück, daß mir durch die Bescheidenheit der provinzialen Aufführung die Möglichkeit einer späteren Steigerung erhalten blieb." (97)

In dem zweiten Band der Thule-Trilogie von Landig kann man lesen, daß Adolf Hitler in seiner Wiener Zeit von einem Anthroposophen, dem Waldorflehrer Walter Johannes Stein, eine falsche Auffassung vom Gral mitgeteilt bekommen habe, auf die Hitler hereingefallen sei und die ihm sein ganzes Leben unmöglich gemacht habe, den "wahren Weg" zum Heiligen Gral zu finden. (98) Landig scheint sich hier auf Ravenscrofts "Speer des Schicksals" zu berufen und deutet dessen Aussagen ein wenig um. (99)

In seiner Münchner Rede vom 12.04.1922 wirft Hitler eines seiner zentralen Motive auf: "Ich wäre kein Christ, wenn ich nicht, wie einst vor 2.000 Jahren unser Herr, Front machen würde gegen die, die dieses arme Volk heute ausplündern und ausbeuten." (100)

Und etwas später in einer Rede im Bürgerbräu: "Eines schmerzt mich, daß ich als Katholik gerade von katholischer Seite so niederträchtig angegriffen werde. Das schmerzt mich um so mehr, weil wirklich keine Bewegung mehr für das Christentum eintritt als die unsere, und weil ich derjenige bin, dessen Arbeit es mit zu verdanken ist, daß sich das Christentum wieder so entfalten kann." (101)

Man kann selbstverständlich einwenden, daß ein Politiker, wollte er im katholischen Bayern eine Wahl gewinnen oder sonst irgend etwas erreichen, eben so sprechen mußte. Aber es muß ja nicht so sein, daß damit alle Motive, die Adolf Hitler dazu veranlaßten, so zu sprechen, erschöpft sein müssen.

Es ist belegt, daß er bereits in den frühen 20er Jahren genau wahrnahm, was sich auf esoterischem Gebiet tat. Bereits am 15. März 1921 hatte er eine Haßtirade auf Rudolf Steiner und die Anthroposophie verfaßt. (102)

Bevor ich zu einigen konkreten Beispielen komme, die die Vielschichtigkeit mancher Worte Hitlers darstellen und beleuchten können, fasse ich das Grundlegende seines Weltbildes mit den Worten Joachim Fests zusammen:

"Sein ausschweifendes Temperament, das grenzenlose Räume suchte und sich mit Vorliebe in Eiszeitepochen bewegte, hat dieses Grundgefühl der Angst zum Symptom einer der großen Weltkrisen erweitert, in denen Zeitalter geboren werden oder zugrunde gehen und das Schicksal der Menschheit auf dem Spiele steht: 'Diese Welt ist am Ende!' Er war wie behext von der Vorstellung einer großen Weltkrankheit, von Viren, Termitenfraß und Menschheitsgeschwüren, und wenn er sich später der Welteislehre Hörbigers zuwandte, so überzeugte ihn daran vor allem die Rückführung von Erdgeschichte und Menschheitsentwicklung auf gewaltige kosmische Katastrophen. Wie fasziniert spürte er Untergänge nahen, und aus diesem Sintflut-Aspekt seines Weltbildes leitete er seinen Berufungsglauben ab, den missionarischen, heilsbringerischen Zug seines Bewußtseins vor der Geschichte. Die vielfach so unbegreiflich empfundene Konsequenz, mit der er im Krieg bis zum letztmöglichen Zeitpunkt und ungeachtet aller entgegenstehenden militärischen Notwendigkeiten das Vernichtungswerk gegen die Juden fortsetzte, rührte primär nicht aus krankhaftem Starrsinn; sie war vielmehr in der Vorstellung begründet, einen Titanenkampf zu führen, der alles Tagesinteresse weit überstieg, und jene 'andere Kraft' zu sein, die, zur Rettung des Universums auserwählt, den Bösen 'wieder zum Luzifer zurückwirft'.

Die Vorstellung eines gewaltigen kosmischen Ringens beherrschte alle Thesen und Frontstellungen des Buches, und wie absurd oder phantastisch sie auch erscheinen mögen: sie verliehen seinen Deutungen metaphysischen Ernst und stellten sie vor einen düster-grandiosen Theaterprospekt: 'Wir können untergehen, vielleicht. Aber wir werden eine Welt mitnehmen. Muspilli, Weltenbrand', äußerte er einmal in einer seiner apokalyptischen Stimmungen. Zahlreich sind die Passagen in 'Mein Kampf', in denen er seinen Beschwörungen einen universellen, das Weltbild bildhaft einbeziehenden Charakter gibt. 'Die jüdische Lehre des Marxismus', so versicherte er, 'würde als Grundlage des Universums zum Ende jeder gedanklich für Menschen faßlichen Ordnung führen', und gerade die Sinnlosigkeit dieser Hypothese, die eine Ideologie zum Ordnungsprinzip des Weltalls erhebt, demonstriert Hitlers unwiderstehlichen Hang, in universellen Dimensionen zu denken. Er bezog die 'Sterne', die 'Planeten', den 'Weltäther', 'Jahrmillionen' in das dramatische Geschehen mit ein, und die 'Schöpfung', der 'Erdball', das 'Himmelreich' dienten ihm als Kulisse." (103)

 

"Der Stern Deutschlands wird aufgehen ..."

Eines der Beispiele, auf die ich hier eingehen will, findet sich in Adolf Hitlers Rede in der Debatte um das sogenannte Ermächtigungsgesetz, dem "Entwurf eines Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich". Die Debatte fand in der 2. Sitzung des Reichstages, am Donnerstag, dem 23.03.1933, statt.

In seiner letzten Rede vor dem Reichstag bemüht sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Otto Wels, wie Golo Mann schreibt, "das Nein seiner Partei (zum Ermächtigungsgesetz; A.W.) zu begründen. Dem 'Führer' gab dies Gelegenheit, die besiegten, ohnmächtig zusammengedrängten Gegner mit seinem hassenden Hohn zu überschütten." (104)

Zunächst der offizielle Text des Gesetzes:

 

"Entwurf eines Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich

Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird, nachdem festgestellt ist, daß die Erfordernisse verfassungsändernder Gesetzgebung erfüllt sind:

Artikel 1

Reichsgesetze können außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden. Dies gilt auch für die in den Artikeln 85 Abs. 2 und 87 der Reichsverfassung bezeichneten Gesetze.

Artikel 2

Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben. Die Rechte des Reichspräsidenten bleiben unberührt.

Artikel 3

Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet. Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Die Artikel 68 bis 77 der Reichsverfassung finden auf die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze keine Anwendung.

Artikel 4

Verträge des Reichs mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen für die Dauer der Geltung dieses Gesetzes nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften. Die Reichsregierung erläßt die zur Durchführung dieser Verträge erforderlichen Vorschriften.

Artikel 5

Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft; es tritt ferner außer Kraft, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst wird.

Berlin, den 21. März 1933" (105)

 

Otto Wels begründete das Nein seiner Partei unter anderem wie folgt:

"Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, daß sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben, streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht.

(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht,

(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)

und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muß sich um so schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt. [...]

Die Verfassung von Weimar ist keine sozialistische Verfassung. Aber wir stehen zu den Grundsätzen des Rechtstaates, der Gleichberechtigung, des sozialen Rechtes, die in ihr festgelegt sind. Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus.

(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)

Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. Sie selbst haben sich ja zum Sozialismus bekannt. Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen.

Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht –

(Lachen bei den Nationalsozialisten. – Bravo! bei den Sozialdemokraten)

verbürgen eine hellere Zukunft.

(Wiederholter lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. – Lachen bei den Nationalsozialisten.)" (106)

Diesen Worten ist bereits eine tiefe Resignation zu entnehmen, besonders, wenn man sich die Originalaufnahme anhört, die im Auszug als Bandaufzeichnung veröffentlicht ist. (107)

Adolf Hitler antwortete darauf:

"Spät kommt ihr, doch ihr kommt!

(Lebhafte Zustimmung von den Nationalsozialisten.)

Die schönen Theorien, die Sie, Herr Abgeordneter soeben hier verkündeten, sind der Weltgeschichte etwas zu spät mitgeteilt worden. [...]

Ich bin der Überzeugung, daß wir dem deutschen Volke den Geist einimpfen werden, der es auch bei seiner heutigen Wehrlosigkeit sicherlich, Herr Abgeordneter, nicht ehrlos sein lassen wird. [...]

Sie sagen, man solle einen Besiegten nicht für vogelfrei erklären. Nun, Herr Abgeordneter, vogelfrei sind wir gewesen, solange Sie die Macht hatten. [...]

Sie reden von Verfolgungen. Ich glaube, es sind wenige nur unter uns hier, die nicht die Verfolgungen von Ihrer Seite im Gefängnis büßen mußten. Es sind wenige unter uns, die nicht die Verfolgungen von Ihrer Seite in tausendfältigen Schikanen und in tausendfältiger Unterdrückung zu spüren bekommen haben!

(Lebhafte Zustimmung rechts.)

Und außer uns hier weiß ich eine Schar von Hunderttausenden, die einem System der Verfolgung ausgesetzt waren, das entwürdigend, ja geradezu niederträchtig sich an ihnen ausließ! Sie scheinen ganz vergessen zu haben, daß man uns jahrelang die Hemden herunterriß, weil Ihnen die Farbe nicht paßte.

(Stürmische Pfui-Rufe bei den Nationalsozialisten.)

Bleiben Sie jetzt nur im Bereich der Wirklichkeit! Aus Ihren Verfolgungen sind wir gewachsen!

Sie sagen weiter, daß die Kritik heilsam sei. Gewiß, wer Deutschland liebt, der mag uns kritisieren; wer aber eine Internationale anbetet, der kann uns nicht kritisieren!

(Stürmischer, sich immer wieder erneuernder Beifall.)

Auch hier kommt Ihnen die Erkenntnis reichlich spät, Herr Abgeordneter. Die Heilsamkeit der Kritik hätten Sie in der Zeit erkennen müssen, als wir uns in Opposition befanden. Damals sind Ihnen diese Zitate noch nicht zu Gesicht gekommen, sondern damals hat man unsere Presse verboten und verboten und wieder verboten, unsere Versammlungen verboten und uns das Reden verboten und mir das Reden verboten, jahrelang! Und jetzt sagen Sie: Kritik ist heilsam!

(Lachen bei den Nationalsozialisten. – Zurufe von den Sozialdemokraten. – Glocke des Präsidenten.) [...]

Sie sagen, die nationalsozialistische Revolution habe nichts mit Sozialismus zu tun, sondern der 'Sozialismus' bestehe nur darin, daß man die 'einzige Trägerin des Sozialismus in Deutschland', die SPD, verfolge.

(Lachen bei den Nationalsozialisten.)

Sie sind wehleidig, meine Herren, und nicht für die heutige Zeit bestimmt, wenn Sie jetzt schon von Verfolgungen sprechen. Was ist Ihnen geschehen? Sie sitzen hier, und geduldig hört man Ihren Redner an.

(Sehr gut! und Heiterkeit bei den Nationalsozialisten.)

Sie reden von Verfolgung. Wer hat Sie denn bisher verfolgt?

(Präsident Göring: Sehr richtig!)

Sie sagen, Sie seien der einzige Träger des Sozialismus. Sie sind der Träger jenes geheimnisvollen Sozialismus gewesen, den das deutsche Volk in der Wirklichkeit niemals zu sehen erhielt.

(Sehr gut! und Heiterkeit bei den Nationalsozialisten.)

Sie reden heute von Ihren Leistungen und von Ihren Taten; Sie erzählen, was alles Sie beabsichtigen. An den Früchten soll man auch Sie erkennen!

(Stürmische Zustimmung und Händeklatschen bei den Nationalsozialisten.)

Die Früchte zeugen gegen Sie!

(Widerspruch bei den Sozialdemokraten. – Lachen bei den Nationalsozialisten.)

Wenn das Deutschland, das Sie in vierzehn Jahren zeugten, das Spiegelbild Ihres sozialistischen Wollens ist, dann, meine Herren, geben Sie uns gefälligst vier Jahre Zeit, um Ihnen das Spiegelbild unseres Wollens zu zeigen. [...]

Und verwechseln Sie uns nicht mit einer bürgerlichen Welt! Sie meinen, daß Ihr Stern wieder aufgehen könnte! Meine Herren, der Stern Deutschlands wird aufgehen und Ihrer wird sinken.

(Stürmische Rufe bei den Nationalsozialisten: Bravo! und Heil! – Langanhaltende Beifallsbezeugungen, auch auf den Tribünen.) [...]

Was im Völkerleben morsch, alt und gebrechlich wird, das vergeht und kommt nicht wieder.

(Zustimmung rechts.)

Auch Ihre Stunde hat geschlagen, und nur weil wir Deutschland sehen und seine Not und die Notwendigkeiten des nationalen Lebens, appellieren wir in dieser Stunde an den Deutschen Reichstag, uns zu genehmigen, was wir auch ohnedem hätten nehmen können. [...]

Denn ich möchte nicht in den Fehler verfallen, Gegner bloß zu reizen, statt sie entweder zu vernichten oder zu versöhnen.

(Bravo! und Sehr gut! bei den Nationalsozialisten.) –

Ich möchte denen, die am Ende vielleicht auf anderen Wegen auch mit ihrem Volk empfinden, die Hand reichen

(Bravo! im Zentrum.)

und möchte nicht einen ewigen Krieg ansagen,

(Erneutes Bravo.)

nicht aus Schwäche, sondern aus Liebe zu meinem Volk, und um diesem Deutschen Volk all das zu ersparen, was in dieser Zeit der Kämpfe mit zugrunde geht.

(Wiederholtes lebhaftes Bravo bei den Nationalsozialisten und den Deutschnationalen.)

Sie wollen mich aber da niemals mißverstehen. Die Hand gebe ich jedem, der sich für Deutschland verpflichtet.

(Bravo!)

Ich erkenne nicht an das Gebot einer Internationale.

(Lebhafter Beifall bei den Nationalsozialisten und den Deutschnationalen.)

Ich glaube, daß Sie (zu den Sozialdemokraten) für dieses Gesetz nicht stimmen, weil Ihnen Ihrer innersten Mentalität nach die Absicht unbegreiflich ist, die uns dabei beseelt.

(Sehr gut! bei den Nationalsozialisten.)

Ich glaube aber, daß Sie das nicht tun würden, wenn wir das wären, was heute Ihre Presse im Ausland über uns verbreitet,

(Sehr richtig! bei den Nationalsozialisten.)

und ich kann Ihnen nur sagen: ich will auch gar nicht, daß Sie dafür stimmen! Deutschland soll frei werden, aber nicht durch Sie!

(Langandauernde stürmische Heil-Rufe und Beifallskundgebungen bei den Nationalsozialisten und auf den Tribünen. Händeklatschen bei den Deutschnationalen. Immer erneut einsetzender stürmischer Beifall und Heil-Rufe.)" (108)

Liest man diese Worte Adolf Hiterls genau nach, so findet man neben politschen auch einige tiefe religiöse Bezüge. Nehmen wir zunächst kurz einen politischen Bezug heraus. Hitler sagte: "Sie sind der Träger jenes geheimnisvollen Sozialismus gewesen, den das deutsche Volk in der Wirklichkeit niemals zu sehen erhielt." Ich denke, es wird kaum jemanden geben, der Adolf Hitler hierin nicht recht geben kann, und zwar bis heute. Der "Sozialismus", den Adolf Hitler dann brachte, hatte dann allerdings auch mit jenem "geheimnisvollen Sozialismus" zu tun, den er hier anprangert. Die Notwendigkeit der Lösung der sozialen Frage durch einen wahren Sozialismus steht bis heute und gerade nach dem Zusammenbruch eines erneuten Pseudo-Sozialismus außer Frage. Wie kann dieser Sozialismus aussehen?

Der Sozialismus, die soziale Verwirklichung der Brüderlichkeit unter allen Menschen, bedarf der Geisteswissenschaft, also der Erarbeitung eines geistigen Welt- und Menschenbildes. Bereits im Jahre 1919 wies Rudolf Steiner auf diesen Tatbestand hin:

"Wenn Sozialismus, der als elementarer Impuls heraufkommt, als eine Forderung innerhalb der Menschheit auftritt, so muß dieser Sozialismus allein immer zum Unsegen führen. Sozialismus kann nur zum Segen führen, wenn er gepaart ist mit zwei anderen Dingen, [...] mit dem, was man nennen kann ein freies Gedankenleben und eine Einsicht in die geistige Natur der Welt, die hinter der sinnlichen Natur liegt. Sozialismus ohne Geisteswissenschaft und ohne Gedankenfreiheit ist ein Unding." (109)

Es ist zu konstatieren, daß Adolf Hitler recht hat, wenn er sagt, daß der "geheimnisvolle Sozialismus" noch nicht in die Erscheinung getreten ist. Er macht sich diese Tatsache zunutze und bietet dafür seine Form des "Sozialismus" an. Auch hier wieder die Wirkung des Vakuums, auf die Christoph Lindenberg in seinem Interview in Flensburger Hefte 32 hinwies. (110)

Doch wenden wir uns jetzt den religiösen Motiven aus Adolf Hitlers Rede zu.

In welchen Dimensionen Hitler sich bewegt, wird gleich aus seinen einleitenden Worten deutlich: "Die schönsten Theorien [...] sind der Weltgeschichte etwas zu spät mitgeteilt worden."

Dann will er dem deutschen Volk "den Geist einimpfen". Welcher Geist das war, ist in seinen Wirkungen bis 1945 deutlich geworden. Immer wieder gibt sich Hitler als Verfolgter, seine Anhänger als Verfolgte aus. Es erinnert an das Bibelwort: "Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich." (111)

Hitler: "Aus Ihren Verfolgungen sind wir gewachsen." Die Wahrheit scheint wieder durch, wenn Hitler zur SPD sagt: "Sie sind wehleidig, meine Herren, und nicht für die heutige Zeit bestimmt, wenn Sie jetzt schon von Verfolgungen sprechen."

Und dann: "Sie reden heute von Ihren Leistungen und von Ihren Taten; Sie erzählen, was alles Sie beabsichtigen. An den Früchten soll man auch Sie erkennen."

Es sei nur ein Bibelwort zitiert, auf das sich dieser Wortlaut direkt bezieht: "Hütet euch vor falschen Propheten; sie kommen zu euch wie harmlose Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen [...] An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen." (112)

Die Frage soll hier aufgeworfen werden: Mit wem spricht Adolf Hitler eigentlich? Vor fast 2.000 Jahren wurden die Worte von Christus gesprochen. Im Jahre 1933 spricht der "Führer" mit denselben Worten, und viele finden sich in diesen Worten wieder.

Ein anderes von Hitler in dieser Rede benutztes Bild paßt ebenfalls in diesen Zusammenhang: "Und verwechseln Sie uns nicht mit einer bürgerlichen Welt! Sie meinen, daß Ihr Stern wieder aufgehen könnte! Meine Herren! Der Stern Deutschlands wird aufgehen und Ihrer wird sinken."

Erinnern wir uns hier an Joseph Goebbels, der in seinem Buch "Michael" schrieb:

"Wir wollen stille sein

Und warten,

Bis ein Stern vom Himmel fällt." (113)

Auch hier wird man erinnert an das Motiv des Sterns von Bethlehem, der die Geburt des Messias ankündigte, dem die Heiligen Drei Könige folgten:

"Wo ist der neugeborene König der Juden?

Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland

und sind gekommen, ihn anzubeten." (114)

Nebenbei soll hier angeführt sein, daß in einer neueren englischen Bibelübersetzung der lateinische Text "Vidimus stellam eius in oriente ..." übersetzt wird mit: "We observed the rising of his star ..." , also: "Wir beobachten den Aufgang seines Sterns ..."

 

Das nationalsozialistische Vaterunser

Sehr deutlich zutage tritt Hitlers religiöses Sendungsbewußtsein in seiner Rede vom 1. Mai 1933 in Berlin:

"Herr, Du siehst, wir haben uns geändert. Das Deutsche Volk ist nicht mehr das Volk der Ehrlosigkeit, der Schande, der Selbstzerfleischung, der Kleinmütigkeit und Kleingläubigkeit. Nein, Herr! Das deutsche Volk ist wieder stark geworden in seinem Geiste, stark in seinem Willen, stark in seiner Beharrlichkeit, stark im Ertragen aller Opfer. Herr! Wir lassen nicht von Dir! Nun segne unsren Kampf um unsere Freiheit und damit um unser deutsches Volk und Vaterland!" (115)

Insbesondere finden wir religiöse Motive, ja eine messianische Selbsteinschätzung Hitlers in seiner ersten Rede als Reichskanzler am 10.02.1933, gehalten im Berliner Sportpalast. Zunächst ziehe ich die betreffenden Bibelzitate heran, an die diese Rede erinnert.

"Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie Du willst." (116)

"Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben." (117)

Desweiteren achte man auf die Worte "auferstehen", "felsenfest" und habe den Text des Vaterunsers im Bewußtsein. Hier nun ein Auszug aus der Rede Hitlers:

"Am 30. Januar haben wir eine Regierung übernommen. Schlimmste Zustände sind über unser Volk hereingebrochen. Wir wollen sie beheben und wir werden sie beheben, so wie wir trotz allem Höhnen dieser Gegner in diesen 14 Jahren so weit gekommen sind, daß wir sie heute beseitigen, so werden wir auch die Folgen ihres Regiments beseitigen.

14 Jahre lang haben die Parteien des Verfalls, das Deutsche Volk geführt und mißhandelt, 14 Jahre lang zerstört, zersetzt und aufgelöst. Es ist nicht vermessen, wenn ich heute vor die Nation hintrete und sie beschwöre: Deutsches Volk, gib uns 4 Jahre Zeit, dann richte und urteile über uns! Deutsches Volk, gib uns vier Jahre, und ich schwöre dir, so wie wir und so wie ich in dieses Amt eintrat, so will ich dann gehen. Ich tat es nicht um Gehalt und nicht um Lohn, ich tat es um Deiner selbst wegen.

Es ist der schwerste Entschluß meines eigenen Lebens gewesen. Ich habe ihn gewagt, weil ich glaubte, daß es sein muß. Ich habe ihn gewagt, weil ich der Überzeugung bin, daß nun nicht länger gezögert werden darf. Ich habe es gewagt, weil ich der Überzeugung bin, daß nun das deutsche Volk doch wieder zur Besinnung kommen wird. Und daß, wenn es auch heute uns ungerecht beurteilt, und wenn Millionen uns verfluchen mögen, einmal die Stunde kommt, da sie doch hinter uns marschieren werden, da sie einsehen werden, wir haben wirklich nur das Beste gewollt.

Und wenn es schwer war, kein anderes Ziel im Auge gehabt als dem zu dienen, was uns das Höchste auf Erden ist. Denn ich kann mich nicht lossagen von der Überzeugung, daß diese Nation wieder einst auferstehen wird, kann mich nicht entfernen von der Liebe zu diesem meinen Volk und hege felsenfest die Überzeugung, daß eben doch einmal die Stunde kommt, in der die Millionen, die uns heute verfluchen, hinter uns stehn und mit uns begrüßen werden dann das gemeinsam geschaffene, mühsam erkämpfte, bitter erworbene neue Deutsche Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit. Amen!" (118)

Wenn der Leser meint, er brauche diese Aussagen Hitlers nicht ernst zu nehmen, dann sollte er bedenken, daß gerade die Tatsache, daß Hitler lange nicht ernst genommen wurde, viel zu seinem "sternengleichen" Aufstieg beigetragen hat. Es scheint doch an der Zeit zu sein, sich auch mit dieser Seite des Hitlerschen Wesens ernsthaft zu befassen. Hitler gab sich hier einerseits als Prophet, andererseits als Messias zu verstehen. Das paulinische "felsenfest" gibt noch einen weiteren Einschlag:

"Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen." (119)

Selbst der Einleitungssatz der Rede vom 1. Mai: "Herr, Du siehst, wir haben uns geändert!" spielt auf die Bibel an:

"Er sprach: Ändert euren Sinn. Nahe herbeigekommen ist das Reich der Himmel." (120)

Doch das "Dritte Reich" war nicht das der Verkündigung des Evangeliums, das Reich, von dem es im Vaterunser heißt:

"Dein Reich komme ..." und "Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen."

Denn es heißt im Johannes-Evangelium:

"Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde." (121)

Der gotteslästerliche Charakter der Äußerungen Hitlers, der sich die tiefen religiösen und spirituellen Sehnsüchte der Menschen zunutze machte, wurde bereits deutlich. Auch vor dem Intimsten machte er keinen Halt. Selbst das Geheimnis des Ich-Bin, des Ich-Funkens in der Seele des Menschen, machte sich Adolf Hitler zunutze. Bei Johannes 14, 20 lesen wir: "An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch."

Am 7. Mai 1933 gebraucht Adolf Hitler eben diese Worte in Kiel in einer Ansprache vor 45.000 SA-Männern: "Ihr seid in mir und ich bin in euch." (122)

 

Shamballah und andere Begriffsprobleme

In dem Gestrüpp der Literatur zum Thema ist es nicht gerade einfach, sich zurechtzufinden. Der wissenschaftlich geschulte Historiker meidet okkulte Zusammenhänge normalerweise. So werden Gerüchte produziert und immer wieder kolportiert, so lange, bis der Leser beginnt, sie für wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zu halten. Gerade im englischsprachigen Raum ist eine wahre Flut von Büchern pseudowissenschaftlichen Charakters erschienen, die einem die Unterscheidung von Wahrheit, Irrtum oder gar Lüge nicht einfacher machen. 123 Auch haben in der Zeit zwischen 1875 und 1937 so viele sogenannte "Deutsche Okkultgruppen" existiert, daß eine Erforschung ihrer Tätigkeiten viel Zeit und die Gründung eines Forschungsinstituts erforderlich machen würde. So werden in einem kleinen Buch von Hans-Jürgen Glowka allein 83 verschiedene Grupen dargestellt, deren Arbeitsweise und Ziele allerdings auch ihm weitgehend verborgen blieben. (124)

Auf der anderern Seite gibt es enorme Probleme, verschiedene Begriffe, die damals gebraucht und mißbraucht wurden, in die heutige Sprache zu übernehmen. So taucht heute der Begriff Ganzheitsmedizin wieder auf, z.B. auch in der Anthroposophie. Dieser muß aber "mit kritischer Vorsicht behandelt werden. Denn Ganzheitsmedizin als holistische Medizin (griech. holos = ganz) ist eines der Grundkonzepte der Nazi-Medizin gewesen. Der Mensch als einzelner ist nichts; er ist Bestandteil des ganzen Volkskörpers. Das nannte man Biologismus. [...] So einfach ist das mit dem Nationalsozialismus leider nicht, und wir müssen uns sehr davor hüten, ohne genaue Aufarbeitung der wirklichen Tatsachen und der wirklichen Komplexität des nationalsozialistischen Gesundheitswesens uns einseitig zu fixieren. Wir geraten sonst sehr schnell in die Gefahr, genau die Fehler zu machen, die wir uns vom Halse schaffen wollen ..." So die Äußerungen von Teilnehmern auf einer Medizinerdiskussion zum Thema "Medizin und Nationalsozialismus". (125)

Im Verlauf dieser Arbeit tauchten eine ganze Reihe von Begriffen auf, die der Erläuterung bedürften. So lasen wir vom Gral, von Atlantis, von Shamballah und Agarthi (oder Agartha). Besonders in der Thule-Trilogie von Landig werden wir geradezu überschwemmt mit einer wahren Flut okkulter Begriffe. Diese können hier insgesamt nicht näher erklärt werden.

Stellvertretend für viele dieser Begriffe will ich einmal Shamballah und Agartha genauer betrachten. Erinnern wir uns an die Ausführungen von Russell McCloud: "... Agarthi und Shamballah stehen seit Jahrtausenden im Kampf gegeneinander." (126)

Die Mitglieder von Agarthi "... wollen aus den Menschen ihresgleichen machen." 127 Sie seien, wie auch die von Shamballah, letzte Abkömmlinge der Götter der untergegangenen Atlantis. "Sie wollten ihnen [den Menschen; A.W.] den Hauch des Göttlichen verleihen und sie teilhaben lassen an ihrem gigantischen Wissen, sie emporsteigen lassen zu neuen Höhen." (128)

Über Agartha (oder Agarthi) findet sich in der Literatur wenig. In dem "Lexikon des Geheimwissens" von Horst E. Miers lesen wir folgenden Text:

"Agarthi oder Agartha (assyro-chaldäisch) = Erde. Nach einer Sage, die Haushofer gegen 1905 aus dem Orient mitbrachte und wie René Guénon sie auf seine Art im 'König der Welt' (München 1956) erzählt, siedelten sich führende Persönlichkeiten jener hohen Kultur, die Großen Weisen, die Söhne der Geister anderer Welten, nach der Katastrophe von Gobi in einem riesigen Höhlenbezirk unter dem Himalaya an. Innerhalb dieses Bezirks spalteten sich 2 Gruppen, die eine folgte dem Weg rechter Hand, die andere dem Weg linker Hand. Der Mittelpunkt des Weges soll A. gewesen sein, eine unauffindbare Stadt, der Ort der Kontemplation, der Tempel des Nicht-Teilhabens an dieser Welt. Diese Legende wird auch vom Lectorium Rosicrucianum propagiert." (129)

Die von Miers angegebene Literatur besitzt wenig Seriosität, besonders im wissenschaftlichen Sinn. Bei McCloud findet man keine Literatur, bei Landig wird auch auf diejenige verwiesen, die Miers nennt. (130)

Über Shamballah lesen wir bei Miers:

"Shamballah (auch: Schamballa oder Sambhala) Orts- oder Gebietsname mit unterschiedlicher und vielseitiger Bedeutung. Der Name S. wird angeblich schon in den alten Puranen (d.h. den alten indischen Schriften) erwähnt. Manche westliche Okkultisten, ebenso wie manche Orientalisten, hielten S. für einen wirklich existierenden geographischen Ort, und sogar Expeditionen nach Tibet sind unternommen worden, um S. zu finden. Wahrscheinlich handelt es sich bei S. ebensowenig um einen bestimmten Ort wie bei unserem Wort 'Hölle' oder dem buddhistischen 'Nirwana'. Nach den Lehren der Adyar-Theosophie ist S. der Aufenthaltsort der Meister und Sitz der größten Bruderschaft spiritueller Adepten (so: Dr. von Purucker). Für die asiatischen Völker, soweit ihnen der Begriff S. überhaupt geläufig ist, liegt S. teils im Westen, teils im Osten oder sogar im Norden oder Süden. Erst durch den westlichen Okkultismus wurde die Lage näher angegeben und in die (natürlich unzugängliche) Wüste Gobi verlegt. Beim Lectorium Rosicrucianum wird ein gewisser innerer Kreis von höheren Graden ebenfalls mit S. bezeichnet. Nach den Lehren der Arkanschule ist S. 'das Zentrum oder der Zustand göttlichen Bewußtseins; gerade weil die Hierarchie und die Menschheit planetarische Zentren von Liebe und Licht sind, ist S. das vitale Zentrum der spirituellen Macht'." (131)

Im "Lexikon des Buddhismus" lesen wir unter Shambhala (eine weitere Schreibweise):

"Shambhala (Sambhala), Skrt.; Name eines mythischen Königreiches, dessen geographische Zuordnung nicht sicher ist, das aber der Legende nach im Nordosten von Indien liegt. Es gilt als Ursprungsland der Kalachakra-Lehren und spielt mitsamt seiner Symbolik als 'Quelle des Glücks' eine zentrale Rolle im Tibetischen Buddhismus. Ausschlaggebend ist dabei der Mythos, daß aus Shambhala die Retter der Menschheit kommen werden, wenn die Welt von Krieg und Zerstörung beherrscht wird." (132)

Über Shamballah finden wir auch im Werk Rudolf Steiners zwei Aussagen, die uns die Bedeutung dieses spirituellen Begriffs noch näherbringen können. In einem Vortrag vom 06.03.1910 in Stuttgart führt Rudolf Steiner aus:

"Die morgenländischen Schriften enthalten auch in ihrer Tradition etwas, wie eben eine Überlieferung eines alten geistigen Landes, in das die Menschen einstmals hineinschauen konnten, aus dem sie heraussaugen konnten alles das, was der physischen Welt an Übersinnlichem zufließen konnte. Voller Wehmut sind manche Beschreibungen über jenes Land, das die Menschen einmal erreichen konnten, und das sich wie zurückgezogen hat. Dies Land war in der Tat den Menschen einmal erreichbar, und es wird den Menschen wieder erreichbar sein, jetzt, nachdem Kali Yuga, das finstere Zeitalter, abgelaufen ist. Die Einweihung hat aber immer hineingeführt und für diejenigen, welche die Einweihung genossen haben, gab es immer die Möglichkeit, hineinzulenken die Schritte in jenes geheimnisvolle Land, das sich zurückgezogen hat während des Kali Yuga, von dem als von einem Land gesprochen wird, das wie verschwunden ist aus dem Bereich der menschlichen Erfahrung. Rührend sind jene Schriften, die von diesem alten Land sprechen. Es ist dasselbe Land, in dem die Eingeweihten immer wieder und wiederum Einkehr halten, um sich von da aus die neuen Ströme und Anregungen zu holen für alles das, was der Menschheit von Jahrhundert zu Jahrhundert gegeben werden soll. Immer wieder und wiederum halten diejenigen, die mit der geistigen Welt in dieser Weise in Beziehung stehen, Einkehr in dieses geheimnisvolle Land, das genannt wird 'Schamballa'. Es ist der Urquell, in den hineingereicht hat der hellseherische Blick, der sich zurückgezogen hat im Kali Yuga, von dem wie von einem alten Märchenland gesprochen wird, das aber wiederkommen wird in den Bereich der Menschen. Schamballa wird es wieder geben, nachdem das Kali Yuga abgelaufen sein wird. Die Menschheit wird wiederum hineinwachsen in das Land Schamballa durch normale menschliche Fähigkeiten, aus dem sich Kraft und Weisheit die Eingeweihten zu holen haben für ihre Mission. Schamballa gibt es, Schamballa gab es, Schamballa wird wieder da sein für die Menschheit. Und zu dem ersten, was die Menschen erblicken werden, wenn Schamballa sich wieder zeigen wird, wird der Christus in seiner Äthergestalt gehören. Es gibt keinen andern Führer für die Menschheit in das von den orientalischen Schriften für verschwunden erklärte Land, als den Christus. Der Christus wird die Menschen nach Schamballa führen." (133)

Wenig später, im Vortrag in München, am 15.03.1919, kommt Rudolf Steiner nochmals auf Shamballah zurück:

"Wir gehen also einem Zeitalter entgegen, in welchem der Mensch, außer dem physisch-sinnlichen, seiner Erkenntnis gemäß noch ein geistiges Reich um sich hat. Der Führer aber in diesem neuen Reiche der Geister wird der ätherische Christus sein. Und die Menschen – welcher Religionsgemeinschaft, welchem Bekenntnis überhaupt sie auch angehören mögen –, sie werden, wenn sie diese Tatsachen in sich erfahren, dieses Christus-Ereignis anerkennen. Diese Christen sind dabei vielleicht in einer schwierigeren Lage als die Angehörigen mancher andern Religion, wenn sie tatsächlich die Erfahrung des ätherischen Christus machen; aber sie müssen versuchen, ebenso neutral dieses Christus-Ereignis anzunehmen. Das wird gerade die Aufgabe sein, daß besonders aus dem Christentum heraus sich das Verständnis entwickelt für die Möglichkeit, hineinzuschreiten in die geistige Welt, ohne abhängig zu sein von irgendwelchem positiven Religionsbekenntnis, sondern allein durch die Kraft des guten Willens.

Dazu soll uns die Anthroposophie vor allem helfen. Sie wird uns hineinführen in das geistige Land, von dem die alten tibetanischen Schriften als von einem weit entrückten Märchenlande – gemeint ist die geistige Welt – sprechen: in das Land Schamballa. Aber nicht im entrückten, sondern im vollbewußten Zustande soll der Mensch da hineingehen unter der Führung des Christus. Der Eingeweihte muß und kann schon jetzt öfters nach Schamballa gehen, um sich von dort stets neue Kräfte zu holen. Später werden auch die andern Menschen in das Land Schamballa eingehen; sie werden es erstrahlen sehen, wie Paulus die Lichtflut des Christus über sich erstrahlen sah. Auch ihnen wird sie entgegenströmen, auch ihnen wird die Pforte der Lichtwelt sich erschließen, durch die sie eintreten werden in das heilige Land Schamballa." (134)

Es berührt eigenartig, daß Rudolf Steiner hier eine Vokabel benutzt, die der Reichskanzler Adolf Hitler auf sich angewendet wissen wollte. Der Christus als Führer in das Land Schamballa. Und Rudolf Steiner betont ausdrücklich: "Es gibt keinen anderen Führer für die Menschheit in das von den orientalischen Schriften für verschwunden erklärte Land als den Christus." Der Vortrag Rudolf Steiners wurde seinerzeit unter dem Eindruck der Geschehnisse um den zum "Maitreya-Christus" erklärten Hinduknaben Jiddu Krishnamurti gehalten (135) , ist aber in dem hier dargestellten Zusammenhang wiederum von Bedeutung.

 

Der Gott und der Götze von Thule

Folgen wir den Ausführungen von Wilhelm Landig in seiner umfangreichen Thule-Trilogie und stellen wir uns die Frage, welchem Gott die Anhänger Agarthas, das heißt also die Arier, mit ihrem esoterischen Kern der Schutzstaffel (SS) folgen, so finden wir folgende Antwort:

"Bemerkenswert ist, daß der Überwinder des Winters, des starren Todes, der Wiedergeborene und Auferstandene, der Wiedererwecker des Lichtes und des Lebens in der alten Symbolik als Gehörnter dargestellt wurde. Es ist dies das Zeichen der neuen göttlichen Lebenskraft. Daraus ergibt sich auch die älteste Form Luzifers, des Lichtbringers, der als solcher, oder als Teufel verballhornt, zum Schreckpopanz einer sehr zweckmäßig konstruierten Schau wurde. Der gehörnte Gottessohn, die uralte Offenbarung Gottes, mußte fallen, weil er dem neuen Dogma einer orientalisch-mystizistischen Hierarchie entgegenstand. An seiner Statt wurde der bleiche Fischköpfige erhöht.

Mithras, der Herr der Sonne, ist in seinem Uranfang nichts anderes als ein Versuch zur Rettung des Gottessohnes mit dem Stiersymbol. Er ist die Brücke, die zum heiligen Anfang zurückführt. Dieser Anfang ist ewig, da er jenseits von Zeit und Raum einer steten Erneuerung unterliegt. Das Stieropfer Mithras ist der Abschluß des Stierzeitalters, dessen Fortsetzung mit dem Ende des kosmischen Widderjahres den Lamm-Gottessohn erstehen ließ. Dieser endete am weltlichen Kreuz, der Form einer kultischen Überlieferung. Er stieg auf zur Wiedergeburt, um mit einer zeitlosen Verheißung zu enden. Das Fischsymbol ist das Zeichen seiner Herrschaft im Fischezeitalter." (136)

Aus diesen Zeilen wird der Haß gegen das Christentum deutlich, der in diesem Roman lebt, wenn Landig, in unverbindliche Romanform eingepaßt, von Christus als dem "bleichen Fischköpfigen" schreibt. An anderer Stelle lesen wir bei Landig:

"Wir müssen alles tun, um in diesem Chaos zu überleben und die Vernichtungswalze vorbeilaufen zu lassen. Wenn Luzifer, der jetzt allseits verteufelte große Lichtträger, vom Mitternachtsberg wieder die Fackel wirft, muß es Überlebende geben, die überallhin sein Licht weitertragen, wie es bereits vor alten Zeiten geschah!" (137)

Ich möchte hier nicht prüfen, ob das Wesen, das Landig hier mit dem Namen Luzifer bezeichnet, aus geisteswissenschaftlicher Sicht wirklich Luzifer ist.

 

Der Faschismus – eine spirituelle Bewegung

Die vorliegende Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, den Nationalsozialismus im Hinblick auf dessen eigene spirituelle Weltauffassung zu beschreiben. Viele, auch obskure Quellen mußten herangezogen werden. Vieles wurde nicht behandelt. Auf verschiedene Persönlichkeiten bin ich nicht eingegangen, die bei dieser Thematik bisher stets einbezogen wurden, so auf Guido von List (138) , Rudolf Sebottendorf (139) und Lanz von Liebenfels (140) .

Eine Persönlichkeit soll aber noch zu Wort kommen, die bisher noch nicht erwähnt wurde: der italienische Faschistenführer Benito Mussolini. Auf die Konzentration der "Duce"-Erwartungen in Mussolini und deren Vorgeschichte hat wiederum Hans-Diedrich Fuhlendorf in seinem bereits erwähnten Werk hingewiesen. (141)

Hier seien nur die Worte zitiert, die Mussolini gebraucht hat, um seinen "Faschismus als spirituelle Weltanschauung" zu beschreiben. In seinem Buch "Die Lehre des Faschismus" schreibt Mussolini: Man kann "... den Faschismus in vielen seiner praktischen Äußerungen, sei es als Parteiorganisation, als Erziehungssystem oder auch nur als Disziplin, nur verstehen, wenn man ihn im Lichte seiner gesamten Lebensanschauung betrachtet. Sie ist von Grund auf spiritualistisch. [...] Wenn es wahr ist, daß dem Stoff ein Jahrhundert lang Altäre errichtet worden [sind], so ist es heute der Geist, welcher diesen Platz einnimmt. [...] Wenn man sagt, daß Gott wiederkomme, so will man damit zu verstehen geben, daß es wieder zu einer Wertschätzung des Geistes gekommen ist. [...] Die faschistische Bewegung muß, um verstanden zu werden, in ihrer ganzen Weite und Tiefe einer geistigen Erscheinung betrachtet werden. [...] Als ein Geistesaufstand sprach sich der Faschismus [...] unmittelbar durch das Volk aus." (142)

 

Das Denken mit dem physischen Gehirn

Wenn wir die verschiedensten Äußerungen von Nationalsozialisten über Spiritualität, Reinkarnation, Agartha, Shamballah, Luzifer, Mithras usw. lesen, stellt sich uns die Frage, welcher Natur die inneren Erlebnisse sind, die diese Menschen dazu bringen, solche Begriffe zu benutzen. In der gesamten Literatur finden sich keine Hinweise, ob diese Menschen eine bestimmte Schulung durchgemacht haben. Auch über die "Meditationsveranstaltungen" der SS, wie sie z.B. in der Wewelsburg durchgeführt werden sollten, liegen keine Hinweise vor.

Auf der anderen Seite wissen wir aus der esoterischen Literatur, daß seit dem Jahre 1899 die Tore der geistigen Welt geöffnet sind und nach und nach immer offener werden. (143) Es gibt aber auch Mahnungen, daß die Menschheit nicht unbewußt diese Schwelle überschreiten möge, denn dann würden die Menschen von der Flut der geistigen Erlebnisse innerhalb ihres Seelenlebens überflutet werden.

Es besteht die Gefahr, daß zwar spirituelle Begriffe benutzt werden können, auf der anderen Seite aber entweder die mit diesen Begriffen bezeichneten Wesenheiten oder anderen Inhalte nicht unterschieden werden können, da es an Schulung fehlt oder aber materielle Erscheinungen mit diesen spirituellen Inhalten bezeichnet werden. In beiden Fällen wäre eine tiefe Verwirrung die Folge. Die äußerliche Verwendung des Begriffs Shamballah mag ein Beispiel dafür sein.

Nimmt man nun die aus diesem Nationalokkultismus sich ergebenden Verschwörungstheorien zur Kenntnis, kann man erkennen, daß diese Verwirrung bereits eingetreten ist. Das gilt besonders für in den letzten Jahren erschienene Bücher von Gary Allen (144) oder Des Griffin (145) , die im Grunde nur die alte Goebbelsche Theorie von der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung wieder aufwärmen. (146) Hier heißt es nur nicht "die Juden", sondern es ist die sogenannte "Hochfinanz", wobei als "Hintermänner" oder "Drahtzieher" mit Rockefeller, Eaton u.a. nun doch wiederum Juden gemeint sind. Viele Menschen, auch Anthroposophen, glauben sich durch diese Schriften aufgeklärt.

Der Materialismus ist ein sehr komplexes Phänomen und seine Auswirkungen reichen bis tief in die von mir bearbeitete Thematik hinein. Rudolf Steiner beschreibt einen bestimmten Aspekt der Probleme in der Auseinandersetzung mit dem Materialismus am 17.07.1920 in Dornach wie folgt:

"Nun können Sie zweierlei erleben. Sie können es erleben, daß die Menschen sich bekanntmachen mit solchen Gedanken, die aus der geistigen Welt geholt sind, wie sie in unserem anthroposophischen Büchern stehen, Gedanken, wie sie die Materialisten für Unsinn halten, wie es die Materialisten für Phantasie halten, wenn man solche Gedanken denkt. Man braucht nicht selbst Geistesforscher zu sein, aber wenn man denkt mit dem Geistig-Seelischen, so ist das Leiblich-Physische der getreuliche Abdruck davon. Wenn man aber in der Gegenwart Naturforscher ist, wenn man im gewöhnlichen Leben mit Verleugnung des Geistig-Seelischen denkt, dann denkt man wirklich mit dem physischen Gehirn, dann wird man nur ein Abdruck der Materialität. Verleugnet man das Geistig-Seelische, dann wird man wirklich Materialist. Also ist der Materialismus richtig, er ist nicht falsch! Das ist das Wesentliche. Man kann es dahin bringen, daß man nicht eine falsche Ansicht vertritt, wenn man den Materialismus vertritt, sondern daß man so in die Materie heruntergefallen ist, daß man wirklich materialistisch denkt. Daher sind materialistische Theorien richtig. Daher ist das wesentlichste Charakteristikum unserer Zeit nicht, daß die Menschen unrichtig denken, wenn sie materialistisch sind, sondern das wesentlichste Charakteristikum ist, daß eben die Mehrzahl der Menschen materialistisch wird, indem sie das Geistig-Seelische verleugnen und bloß mit dem physischen Leibe denken, mit dem physischen Leibe eine Nachahmung, eine Imitation des Seelenlebens hervorbringen. Wir haben, indem wir den Materialismus bekämpfen, es nicht zu tun mit einer bloßen Umkehrung der Theorie, sondern wir haben es zu tun mit einem Willensentschluß, sich loszureißen vom Materiellen, damit wir nicht etwa bloß theoretisch keine Materialisten seien, sondern damit wir in der Materie nicht versinken, damit der Materialismus unrichtig werde. Er ist richtig für unsere Zeit, und er muß unrichtig werden! Darauf muß die Kraft verwendet werden, daß der Materialismus unrichtig werde. Es handelt sich also nicht um bloße Umwendung von Theorien, sondern es handelt sich um innere geistige Taten, die die Menschheit in unserer Zeit zu verrichten hat, um sich der Materialität zu entreißen." (147)

Um diesen Materialismus zu durchschauen und im Durchschauen zu überwinden, benötigt der einzelne einen konkreten Weg zur Spiritualisierung seiner Begriffe. Es reicht nicht, einfach diese Begriffe der Sprache der Esoterik zu entnehmen. Man muß sie in die geistige Anschauung erheben können. An anderer Stelle führt Rudolf Steiner aus, daß die Menschen sich bemühen müssen, "die heute noch bestehende Möglichkeit zu benützen, das Geistig-Seelische loszureißen von dem Materiellen des Gehirns. Denn es ist auf dem Wege, sich an das Materielle des Gehirns zu ketten. Die Menschen müssen sich davon losreißen. Also wir haben es nicht mit einer falschen und richtigen Anschauung zu tun, sondern mit einem Vorgang." (148)

Und etwas später:

"Also nicht darum handelt es sich, den Materialismus zu widerlegen, sondern darum, die Menschheit zu bewahren davor, daß der Materialismus richtig werde; denn er ist auf dem Wege, eine Richtigkeit, nicht eine Falschheit zu sein. [...]

Nicht darum handelt es sich, den Materialismus zu widerlegen; denn er ist auf dem Marsche, richtig zu werden, sondern darum, ihn unrichtig zu machen, weil er auf dem Wege ist, eine Tatsache zu werden, weil er nicht eine falsche Theorie bloß ist." (149)

Es ist deutlich: Im Nationalsozialismus haben wir es mit einem Zusammenwirken von luziferisch-spirituellen Idealen auf der einen Seite, auf der anderen mit dem massiven In-die-Welt-Tragen materialistischer Impulse zu tun. So konnte Heinrich Himmler eine deutlich spirituelle Weltauffassung vertreten, auf der anderen Seite Menschen wie "Material" behandeln. Diese zwei Ströme lassen sich im Nationalsozialismus, aber in ihm nur wie komprimiert, in ihrer menschenverachtendsten Ausgestaltung erkennen.

 

Die Geschichte ist wieder offen

Die Illusion vom Weltfrieden hat sich nach dem Zusammenbruch des "sozialistischen" Systems weder im Jahre 1945 noch im Jahre 1989 erfüllt. "Die Wiederkehr des Bösen", so der Titel eines Artikels von Rüdiger Safranski in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24.12.1992, läßt sich allerorten beobachten. Safranski schreibt unter anderem:

"... von der heutigen Krisenstimmung aus gesehen, fällt auf, wie eigentümlich harmlos und idyllisch das Denken der vergangenen Dezennien gewesen ist und daß in ihm ein Thema, das doch über Jahrhunderte hin das abendländische Denken bestimmt hatte, kaum vorkam: das Böse. [...]

Die Mephistoformel vom Guten des Bösen ['Ein Teil jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft'; A.W.] hat lange Zeit die optimistische Illusion genährt, als ob Gesellschaften in der Geschichte auf einen Zustand wachsender Stabilität, also zunehmender Integration des Bösen, zugehen. [...] Tatsächlich war die Geschichte, auf der nördlichen Halbkugel wenigstens, 'eingefroren' in den Machtblöcken und sie kehrt jetzt wieder als das zu regelnde und nur manchmal geregelte Chaos, das sie schon immer war.

Indem aber die Geschichte wiederkehrt, wird sich unserem Bewußtsein auch die Wiederkehr des Bösen aufdringen. Die Geschichte wird wieder offen, gefährlich, unberechenbar, ein Chaos, bei dem es immer ungewiß bleibt, ob und mit welchen Opfern und Grausamkeiten sich daraus wieder eine neue Ordnung, neue Gewaltmonopole herausbilden. Die Geschichte ist wieder in den Aggregatzustand ihrer blutigen Unfertigkeit getreten. Nur eine kurze Zeit lang konnte der Zusammenbruch der diktatorischen Regime mit dem Sieg der Demokratie verwechselt werden." (150)

Friedrich Heer beschließt sein Buch "Der Glaube des Adolf Hitler" mit folgenden Worten:

"Adolf Hitler ist gestorben. Der religiöse Leerraum, in den er eindrang, ist geblieben. [...] Die geistige, religiöse und politische Krise, die durch Hitler erstmalig in ungeheurem Umfang sichtbar wurde, entfaltet sich heute immer mehr. Die studentischen Unruhen, die neuen 'Jugendbewegungen' in aller Welt sind Vorzeichen der Brände, die bevorstehen; die nicht erlöschen werden, bevor sie eine bankrotte Welt verzehrt haben." (151)

 

Magie und Manipulation

Das 20. Jahrhundert wird vielleicht einmal das Jahrhundert der Bewußtseinsmanipulation genannt werden. In letzter Zeit sind in Verbindung mit der Weiterentwicklung unserer technischen Medien "Fortschritte" erzielt worden, die das Heraustreten aus der Welt der menschlichen Sinne durch das sogenannte Cyberspace 152 , den Eintritt in "virtuelle Welten" zu einem Ziel menschlicher Bewußtseinsentwicklung erklären wollen. Der Computerenthusiast Jaron Lanier, einer der führenden Klöpfe der Cyberspace-Technologie, faßte das Grundphänomen dieser neuen "Bewußtseinserweiterung" wie folgt zusammen: "Bisher gab es außer der physischen Welt keine andere. Wir haben eine neue Realitätsebene entdeckt." (153)

Die Cyberspace-Technologie schafft die Möglichkeit, dort etwas zu erleben, wo an sich gar nichts vorhanden ist. Es wird eine Wirklichkeit simuliert, die nur innerhalb des Bewußtseins derjenigen Person existiert, die sich in die heute noch recht komplizierte Testkleidung hineinzwängt. Die Forschungsabteilungen der NASA und der US-Navy sowie der PC-Hersteller Apple Computers Inc. beteiligen sich seit einiger Zeit an den betreffenden Versuchen.

Dies führe ich hier an, um die Frage nach der Realität zu stellen. Wer sich mit dem Cyberspace-Phänomen beschäftigt, wird sich der Gefahr bewußt, in die wir alle in diesem Jahrhundert hineingesegelt sind: Es ist das Problem der Frage nach der eigentlichen Wirklichkeit. Es könnte der Zeitpunkt kommen, wo es dem Menschen kaum noch möglich sein wird, die Bewußtseinsverirrungen zu durchschauen, in die er hineingeboren wird. Wenn sich eine nur vorgespiegelte Wirklichkeit praktisch in nichts mehr von der wahren Wirklichkeit unterscheidet, dann wird der Mensch orientierungslos in der Welt seiner Wahrnehmungen im wahrsten Sinne des Wortes herumgeistern und seine eigene Identität auf nichts mehr stützen können. Rudolf Steiners Grundwerk "Die Philosophie der Freiheit" könnte in diesem Zusammenhang eine unerwartete Renaissance erfahren. (154)

Wieso füge ich diese Gedanken hier an? Bereits im Teil I dieser Arbeit wies ich kurz darauf hin, daß Vorgänge, die erfunden, dann weiter kolportiert wurden und werden, innerhalb des Bewußtseins von Menschen zu einer zweiten Realität werden, die wirkt. (155). Vor wenigen Jahren lief in den Kinos mit großem Erfolg der Film "Matrix", der das Phänomen geschichteter Realitätsebenen zum Thema hatte. Wenigen ist bewusst, dass dies in unserer Welt längst eine Realität ist.

In seinem Buch "Magie und Manipulation" beschreibt Klaus Vondung die "Regie des öffentlichen Lebens mittels ideologischer und politischer Werbung und Lenkung" im Dritten Reich als eine Form der Manipulation, und zwar eine vorzügliche instrumentellen Charakters. Weiter schreibt Vondung:

"Davon abgesehen kann mit Manipulation ein weiteres Phänomen bezeichnet werden, nämlich die inhaltliche Transformation von Gegebenheiten der Realität im Bewußtsein zu Entitäten, die es in der äußeren Wirklichkeit gar nicht gibt, die also imaginative Konstrukte sind oder [...] Inhalte einer 'zweiten Realität'. Nun wären solche Erscheinungen nicht besonders bemerkenswert, wenn sie im Rahmen einer privaten Weltanschauung verbleiben würden; sie haben aber die Tendenz, sozialwirksam zu werden, da die entsprechenden Personen geneigt sind, ihre Umwelt gemäß dem Bild zu behandeln, das sie in ihrem Bewußtsein von ihr entworfen haben. Signifikant wird das Problem, wenn der skizzierte Typus zur sozial dominanten Form aufsteigt und die Möglichkeit erhält, Macht auszuüben.

Es spricht einiges dafür, das hier nur kurz umrissene Phänomen 'Magie' zu nennen und zwar [...] als spezifische inhaltliche Manipulation der Realität im Bewußtsein und entsprechend instrumentelle Manipulation der äußeren Wirklichkeit einschließlich der Gesellschaftsmitglieder. [...] Vergleicht man das bereits durchgearbeitete historische Material mit manchen modernen Erscheinungen, so kann man feststellen, daß es auch in 'zivilisierten' Industriegesellschaften Rituale gibt, die als magisch zu analysieren sind." (156)

Klaus Vondung beschreibt in seinem Buch den "ideologischen Kult und die politische Region des Nationalsozialismus". Dargestellt werden hier erstmals in umfassender Weise die verschiedenen "vaterländischen Feste" der "nationalistische Staatskult", die Rituale, die sakrale Sprache, die Lebensfeiern und vieles andere im Hinblick auf ihre bewußtseinsverändernden Tendenzen im Nationalsozialismus:

"Die nationalsozialistische Parole 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer' artikuliert präzis die progressive Reihe einheitsstiftender Symbole der 'neuen Gemeinschaft'; sie ordnen sich um ein Zentrum, das als 'heilig' empfunden wird: Im Bewußtsein der Inauguratoren des Mythos erhebt sich das rassisch reine Blut als Entität zum neuen Realissimum menschlicher und gesellschaftlicher Existenz. Das entworfene Realitätsbild ist ein System von Bewußtseinsinhalten, die als Glaubenswahrheiten gewertet werden; die psychische und soziale Affirmation des innerweltlichen Realitätsbildes erfolgt durch den Kult." (157) Zentrum dieses Kultes war die Person Adolf Hitler:

"Die kultische Stilisierung Hitlers zum todüberwindenden Heros ist von großer Bedeutung, da die Gemeinschaft im Feiervollzug symbolisch an dem in der Person des Führers verkörperten, Unsterblichkeit verleihenden Werk partizipiert. Die Tat des Führers wird damit zur Erlösungstat, die auch für die 'neue Gemeinschaft' den Tod überwindet:

Du schreitest in das Volk als sein Erlöser,

weil Du vom Glauben ganz besessen bist.

(...)

Da gilt kein Zittern mehr und auch kein Zagen:

'Wenn ihr es glaubt, hab' ich den Tod erschlagen'

sprichst du zu uns, 'auch wenn der Leib zerfällt'.

Die 'neue Gemeinschaft' erfährt – wenn sie 'gläubig' ist – in der Feier die harmonische Verbindung der unsterblichen rassischen Substanz mit dem gleichermaßen unsterblichen Werk." (158)

Die "zweite Realität" besitzt viele Eigenschaften, die auch der "ersten", nennen wir sie hier "eigentlichen" Realität innewohnen. Deshalb ist es gerade die gefährliche Seite dieses Realitätsverlustes, daß er sich als Realitäts- bzw. Bewußtseinserweiterung auszugeben vermag.

"Du schreitest in das Volk ...": dieser Text eines seinerzeit innerhalb der Feierlichkeiten gesungenen Liedes stammt von Herbert Böhme. Leopold von Schenkendorf dichtete für die Feierstunde am 9. November 1943 den folgenden Text:

 

"Führer!

Führe uns.

In deinen Händen

liegt das Schicksal von Millionen,

die in deinem Herzen wohnen,

denen du ein Glaube bist. –

Gott hat dir die Kraft gegeben,

einzig deinem Volk zu leben,

das für dich der Pulsschlag ist!

(Kommando: 'Fahnenblock stillgestanden! Fahnen hoch!')

Führer!

Wir erheben uns

in dieser Stunde zur dir.

Führer, wir grüßen dich:

Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!" (159)

 

Ein anderer Dichter, der in diesen Zusammenhängen führend tätig war, war Hans Baumann, dessen Bücher bis heute in vielen führenden Verlagen herauskommen. Diese Bücher haben nun allerdings keine nationalsozialistische Tendenz mehr. (160) Das von ihm verfaßte Lied "Hohe Nacht der klaren Sterne" war für Wintersonnenwendfeiern bestimmt. In der zweiten Strophe dieses Liedes heißt es:

 

"Hohe Nacht mit klaren Feuern,

die auf allen Bergen sind,

heut muß sich die Erd erneuern,

wie ein junggeboren Kind." (161)

 

Klaus Vondung vergleicht die Feierprogramme der Morgen- und Lebensfeiern des Nationalsozialismus und deren Aufbau mit dem protestantischen Predigtgottesdienst. Ein dreiteiliges Grundschema ahmt die christliche Liturgie nach:

 

"Nationalsozialistische Feierfolge:

 

I. Teil:

Fanfaren

1. Fahneneinmarsch

2. Gemeinsames Lied

3. Anruf (Gedicht)

4. Mannschaftschor

 

II. Teil:

5. Die Ewige Wache (Führerwort)

6. Mannschaftschor

7. Ansprache des Hoheitsträgers

8. Gefallenenehrung

9. Verpflichtung

10. Totenehrung

11. Mannschaftschor

 

III. Teil:

12. Gelöbnis

13. Gemeinsames Lied

14. Führerehrung, dreifaches 'Sieg Heil'

15. Nationalhymnen

Fanfaren

16. Fahnenausmarsch

 

Evangelischer Predigtgottesdienst:

 

I. Teil:

Glockengeläut, Orgelvorspiel

 

Eingangslied

Eingangsgruß

Eingangsgebet

 

II. Teil:

Schriftlesung

Lied der Gemeinde oder Chorgesang

Predigttext und Predigt

 

(keine Entsprechung)

 

Predigtlied

 

III. Teil:

Schlußgebet (Allg. Kirchengebet)

Schlußlied (I)

Vaterunser, Segen,

dreifaches 'Amen' der Gemeinde

Schlußlied (II)

Orgelnachspiel" (162)

 

Die vielen Ähnlichkeiten mit christlichem Geistesgut sind keineswegs rein zufällig, sondern beabsichtigt gewesen. Diese Ähnlichkeiten heute aus einer gewissen Distanz anzuschauen, könnte bis in viele Lebensbereiche hinein einen notwendigen erkenntnismäßigen Reinigungsprozeß bringen und der Gefahr vorbeugen, wieder neuen "Führern" zu verfallen.

 

Ein neues, weißes, arisches, goldenes Zeitalter

Zum Schluß soll die Frage gestellt werden, inwieweit religiös-völkische bzw. spiritualistisch-völkische Ideen verbreitet sind. Haben auch Skinheads eine innere Beziehung zum Nationalokkultismus?

Eine Gruppe von Skinheads und rechtsradikalen Anhängern okkulter Weltanschauung nennt sich "weisse evolutionsagenten" bzw. "Esoterische Hitleristen". "Esoterischer Hitlerismus" ist der Untertitel des Buches eines gewissen Miguel Serrano mit dem Titel "Das Goldene Band". In dem Buch selber findet sich folgender biographischer Abriß des Verfassers:

"Geboren 1917 in Santiago de Chile,

Reise von 1947–1948 in die Antarktis,

Botschafter in Indien, von 1953–1962,

Botschafter in Jugoslawien, von 1962–1964,

Gleichzeitig akkreditiert in Bulgarien und Rumänien,

Botschafter in Österreich, von 1964–1970,

Botschafter bei der Internationalen Atomenergiekommission in Wien und bei der Organisation der Vereinigten Nationen für die Industrielle Entwicklung (UNUDI)" (163)

Serrano widmet sein Buch "Rudolf Hess [...] Die Gestalt des Glaubenshelden der Hitlerschen Esoterik, dem notwendigen Opfer für die Wiederaufstehung des Mythos". Es ist zuerst im Jahre 1978 in Chile in spanischer Sprache erschienen. Um den Inhalt des Buches zu beschreiben, seien hier nur folgende Kapitelüberschriften ausgewählt: "Hitler, ein Eingeweihter", "Hitler lebt", "Die Katharer und die Troubadoure", "Die Katharer, der Gral und die SS", "Chromo und Soma", "Die Einweihungszentren der Hitlerschen SS", "Nach Jung ist Christus das 'Selbst'", "Die Religion des Blutes und die Gegeneinweihung des Neuen Bundes", "Die Hitlersche Einweihung – ein unbekannter Weg des abendländischen Yoga", "Hitler, der 'Hohepriester des Abendlandes': Ist er ein Tulku?".

Serrano berichtet, daß sein Meister ihn folgendes gelehrt hat:

"Hitler ist ein Eingeweihter, er kann sich mit den in der Astralebene Weilenden verständigen. Es ist mir nicht bekannt, welche seine geistigen Führer sind, aber ich habe mich entschlossen, ihm zu helfen. Hitler ist ein Wesen mit einem eisernen, unerschütterlichen Willen, welchen er unweigerlich in die Tat umsetzt, sobald der Befehl zum Handeln an ihn ergeht. Er weicht niemals zurück. Ich habe mit ihm in Verbindung gestanden." (164)

Weiter lesen wir: "Ein andermal erklärte er uns, daß es Hitler's Mission sei, das Schicksal am Höhepunkt der Zeiten zu wenden, indem er der Erde den erforderlichen Impuls zu ihrer Verwandlung, ihrer Umgestaltung gibt, was zur Folge hätte, daß die Möglichkeit zur physischen Entropie im Ablauf des Kaliyuga oder des Dunklen, des Eisernen Zeitalters überwunden werden könnte. Die Umwertung aller Werte bietet die einzige Überlebensmöglichkeit. Hitler war das Werkzeug, durch das hindurch ein Geiststrahl aufleuchtete. Bei der Einweihung war ihm die Vril- Kraft, die sieghaft-magische Energie, auch Farr genannt, verliehen worden. Gegen ihn wurden nun sämtliche Kräfte des Schattens und des Todes, der Inertion und der Elementarwesen entfesselt. Deshalb mußten wir ihm helfen. Es wurde ein Krieg der Götter und Dämonen. Ein kosmischer Krieg, der auf Erden ausgetragen wurde und dort die allerdramatischsten Formen annahm." (165)

Solche Anschauungen finden wir durchaus auch in der scheinbar untergeordneten Ebene der rechtsradikalen Szene, z.B. bei den Skinheads. Vorher erwähnte "weisse evolutionsagenten" glauben z.B., "dass die weisse, arische rasse [...] keinen irdischen ursprung hat, sondern von den sternen kommt, und ihr geist mit dem der sonne zutiefst verbunden ist. einst in ihrer urzeit waren sie göttern gleich, ja sie, die angehörigen der arischen, weissen rasse waren die von den sternen gekommenen götter. sie waren es, die z.b. in mittel- und südamerika die dortigen hochkulturen aufbauten." (166)

Die höchsten Götter sind den Menschen, die diese weitverbreitete Form völkischer Religiosität angenommen haben, der Gott Odin und eine "Allmutter". In dem Buch des inzwischen verstorbenen evangelischen Sektenbauftragten Friedrich-Wilhelm Haack "Europas neue Religion" erfahren wir in einem referierenden Bericht etwas über die Auffassungen, die von den "weissen evolutionsagenten" vertreten werden:

"als die weisse, arische rasse in ihrem esoterischen herz- und kraftland, in deutschland, am tiefsten gesunken war, am bedrohtesten war, inkarnierte sich nun dieser hohe gott der arier, odin, als mensch in der person adolf hitlers. für die weissen evolutionsagenten war hitler ein eingeweihter, ein tantrischer magier, in dem sich odin, der höchste arische gott inkarniert hat, der seinem volk, seiner rasse beistehen wollte und so in ihrer bedrängung durch die aufkommenden mächte des dunklen, des bösen, des lunaren, wozu z.b. auf dieser materiellen ebene die internationale hochfinanz, die freimaurer, das weltjudentum (zionismus), die demokratien, der kommunismus, und heute das new age-denken gehören. hitler wollte seine arisch-weisse rasse, die indogermanen, indoeuropäer unter der führung ihrer herznation, der deutschen, wieder zu den göttergleichen uranfängen zurückführen, sie befreien aus der vermischung mit den angehörigen der mächte des bösen kali-yuga-zeitalters, des ragnaröck. so kam es zu dem grossen, kosmisch-heiligen krieg, dem 2. weltkrieg. [...] in der letzten grossen schlacht, der götterdämmerung, fiel der führer, denn nach dem unergründlichen ratschluss der nornen war momentan die macht des kali-yuga stärker. doch: hitler kehrte zurück in sein walhall-asgard-jenseits-reich, wurde wieder zu dem gotte odin, und er nahm den geist und die seelen der heldenhaften kämpfer der wehrmacht, und der waffen-ss mit, die dort nun die 'wilde jagd odins' bilden, das götter-, geister-, dämonenheer. auch gelang es den hohen ss-wissenschaftlern etc. rechtzeitig zu entkommen in geheime oasen der antarktis, wo sie seither leben und die ufo-sichtungen sind z.b. sichtungen ihrer ss-flugscheiben und flugkreisel, der wunderwaffen der dritten macht. und sie glauben, dass die zeit kommen wird, wo dieses 'letzte bataillon hitlers' zusammen mit den geisterheeren der 'wilden jagd', bestehend aus den geistseelen der ehemaligen gefallenen waffen-ss'ler, wiederkehren wird am ende des kali-yuga-ragnaröck-zeitalters, um die bösen zinsknechtschafts- und hochfinanzmächte zu zerstören und ein neues, weisses, arisches goldenes zeitalter aufzubauen." (167)

Der Gebrauch bestimmter Worte oder Begriffe sagt, so folgern wir, nicht viel über die dahinterstehende Gesinnung aus. Die vielen okkulten Begriffe stammen aus dem Vokabular der Theosophie. Die Literatur solch eines "völkischen Glaubens" ist kaum noch zu übersehen, auch wenn dieses "Übersehen" vielen Menschen bis heute gelingt. Das mag durchaus seine Folgen haben.

 

Rudolf Hess, der Christus des Wassermann-Zeitalters?

Auch in rechtsradikalen Kreisen müssen wir in den letzten Jahren eine Tendenz zu spirituellen Begriffen konstatieren. Auf einer in diesen Kreisen seit einiger Zeit zirkulierenden Ton-Kassette, die eine Gedenkrede auf den verstorbenen Rudolf Hess beinhaltet, finden sich folgende Ausführungen, die wir hier nicht kommentieren wollen. Hier nun ein längerer Auszug dieser Gedenkrede, die so außergewöhnlich ist, dass sie in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben soll:

“Er (R. Hess, A.W.) ist unbeirrbar seinen steinigen, dornenübersäten Weg bis zum bitteren Ende gegangen. Er hat sich nun zu den Elf von Nürnberg als Zwölfter zugesellt und damit das kabbalistische Soll erfüllt. [...]

Wir wissen aber auch, dass es in jeder neuaufsteigenden Zeit immer wieder Menschen gab, auf die sich das gestaltende Wollen dieser neuen Zeit wie in einem Brennglas konzentrierte. Jene Epoche, die jetzt im Weltenlauf in die Vergangenheit zurücksinkt, hat jene Gestalt, wie man auch religiös zu ihr stehen mag, eines Christus geprägt. Und so fragen wir nun: Hat auch die Zeit, an deren Neubeginn wir jetzt stehen und in die wir bereits hinüberwechseln, unsere Zeit, auch ihren ‚Christus‘? Hat es uns nicht geradezu in all den letzten Jahren gezwungen, unseren Blick hier immer nach Spandau zu richten? Und ist es nicht eigenartig, dass Rudolf Hess gerade an jenem Tag verstarb, an dem, nach dem Wissen der Maya, dem wohl ältesten Kulturvolk auf dieser unserer Erde, mit dem Sonnenaufgang ein neues Zeitalter beginnt?

Ein uralter Kalender der Maya besagt, dass am 16. und 17. August des Jahres 1987 unserer Zeitrechnung die neun Götter der Unterwelt abtreten und die 13 Götter des Himmels die Herrschaft antreten. An diesen Tagen haben sich 144.000 geistig bewegte Menschen überall auf der Welt bei Sonnenaufgang zusammengefunden, auf vielen geheiligten Schlüsselplätzen der Erde, um die aufgehende Sonne zu begrüßen und die ab nun verstärkten kosmischen Strahlungen zu empfangen. Am Nachmittag, als sich die Sonne wieder zum Untergang rüstete, verlöschte auch das Leben von Rudolf Hess.

Ich selbst konnte noch folgendes rekapitulieren: Als ich am Abend aus dem Rundfunk die Nachricht vom Tode des Rudolf Hess erfuhr, in seiner Todesstunde, wie sie angegeben wurde, saß ich in meinem Arbeitszimmer am Schreibtisch, als hinter mir, mich erschreckend, vom vierten Bord meiner Bücherwand, ein 20 mal 28 Zentimeter großes Bild, das seit vielen Monaten dort steht, polternd zu Boden fiel. Es war das Bild des Königsknaben Konradin, des letzten Staufers, der ausgezogen war, als letzter seines Geschlechts das Reich zu retten, und ebenfalls zum Bauopfer wurde. Der Gedanke durchzuckte mich später, ob es nicht möglich sei, dass Rudolf Hess vielleicht sogar eine Inkarnation von Konradin war? [...]

Er gab sein Volk und sich selbst nicht dem Verrat preis. [...] Seine Gegner haben sich durch ihn längst ein Denkmal der Schande gesetzt. Durch ihn aber wird unser Volk leben. Er ist ausersehen, uns und die suchende Menschheit durch das zu geleiten in eine Zukunft, die wir ersehnen und um die wir uns nicht zu sorgen brauchen. Diese Zukunft ist kosmisches Gesetz, und ihm ist es übertragen, uns über die Schwelle der großen Wende in die neue Zeit hinüberzutragen. Auch was Rudolf Hess in Spandau verbrachte, ist kosmisches Geschehen. Durch ihn erfüllt sich einmal das Schicksal des deutschen Volkes. Man hat ihn getötet, aber das, gerade das, verfälscht nicht den Lauf der Dinge. [...] Sprechen wir den Namen Rudolf Hess hinfort nur noch in Ehrfurcht und Andacht aus, und tun wir das Unsre, damit wir uns dieses großen Mannes würdig erweisen. Begleiten wir ihn in die neue Zeit. Wir wissen: Kein Opfer ist verloren oder umsonst. Der ewige Lebensgrund bewahrt es treu.” 168

In diesem Text wird als Beginn des “Neuen Zeitalters” der 16./17. August 1987 genannt.

 

Schluß

Adolf Hitler hat das religiös-kultische Vakuum für zwölf Jahre ausgefüllt. Friedrich Heer schrieb, das Vakuum sei bis heute geblieben. Ein Vakuum gibt es jedoch nicht auf Dauer, denn es strömt das Gegenteil dessen ein, was förderlich oder beabsichtigt ist, wenn nicht bewußt an der geistig-seelischen Entwicklung des Menschen und der Menschheit vom einzelnen Menschen her gearbeitet wird. Eine Zeit, die nicht in der Lage ist, den Menschen als sich entwickelndes geistiges Wesen zu sehen, ihn in einen geistigen Zusammenhang mit der Erde und dem ganzen Kosmos zu stellen, wird dieses Vakuum weiter vergrößern. Die Geistentleerung verursacht diese Entwicklung, auch wenn dasjenige, was in das Vakuum hineinpfeift, wie das Gegenteil des Verursachers aussieht. So bringt der Materialismus eine Spiritualität hervor, die noch verheerender wirkt als der Materialismus selbst. Die heute wirkenden Menschenbilder, die im Menschen kein freies Wesen zu sehen vermögen, die z. B. ein Sozialsystem wie das so genannte "Hartz IV" schaffen, geben die äußere Grundlage für eine Entwicklung zum Niedergang.

Die Wirkungen der spirituell-okkulten Machenschaften des Nationalsozialismus reichen tief und bis heute. Nur die Bewußtmachung der Geister, die aus diesem fruchtbaren Schoße hervorkrochen, kann hier weiterhelfen, ein Freischaufeln der wirklichen spirituell-religiösen Tatsachen.

Zum Schluß darf die These aufgestellt werden, daß die seinerzeit veranlagten Entwicklungen bis heute zu einem großen Teil weiterliefen und zu weltgestaltenden Impulsen geworden sind. Wer meint, das sei doch alles längst vorbei, der sollte sich fragen, ob er nicht schon sein Zuhause in einer der "virtuellen Welten" eingerichtet hat und diese vielleicht mit "höheren Welten" verwechselt. "... wie wir`s so herrlich weit gebracht" mag bedeuten, dass die Entwicklung weiter gegangen ist. Nur ist nicht jede Weiterentwicklung auch eine Aufwärtsentwicklung. Der Fortschritt im Nationalsozialismus war groß, allerdings war es eine Fortschritt in den Abgrund.

 

Anmerkungen:

75. Trevor Ravenscroft: Der Speer des Schicksals. Zug/Schweiz 1974.

76. Russell McCloud: Die schwarze Sonne von Tashi Lhunpo. Vilsbiburg 1991.

77. Wilhelm Landig: Götzen gegen Thule. Hannover o.J. Wolfzeit um Thule. Wien 1980. Rebellen gegen Thule. Wien 1991.

78. Zur Wewelsburg siehe: Stuart Russell/Jost W. Schneider: Himmlers Burg – das weltanschauliche Zentrum der SS. Essen 1989.

Karl Hüser (Hg.): Wewelsburg 1933–1945 – Kult und Terrorstätte der SS. Paderborn 2 1987.

79. Joseph Goebbels: Michael – Ein deutsches Schicksal in Tagebuchblättern. München 7 1935, S.94 f.

80. ebd., S.153.

81. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Bd.1, München 1992. Aus der Einleitung von Ralf Georg Reuth, S.28.

82. Vgl. ebd.

83. Joseph Goebbels: Michael, a.a.O., S.82.

84. ebd., S.58.

85. ebd.

86. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Bd.1, a.a.O. Aus der Einleitung von R.G. Reuth, S.27.

87. ebd., S.30.

88. ebd., S.33.

89. Joseph Goebbels: Michael, a.a.O., S.59.

90. Joseph Goebbels: Tagebücher 1924–1945. Bd.1, a.a.O. Aus der Einleitung von R.G. Reuth, S.33.

91. ebd., S.266.

92. Friedrich Heer: Der Glaube des Adolf Hitler – Anatomie einer politischen Religiosität. München/Esslingen 1968.

93. Christoph Lindenberg: Hitler stieß in das Vakuum. In: Flensburger Hefte 32: Anthroposophen und Nationalsozialismus, a.a.O.

Siehe auch: Arfst Wagner: Anthroposophen und Nationalsozialismus (Teil I), a.a.O, besonders S.67 f.

94. Hans-Diedrich Fuhlendorf: Rückkehr zum Paradies oder Erbauen des Neuen Jerusalem? Flensburg 1992, S.213.

95. Siehe Anm. 19.

96. So in populärer Art in dem Film von Steven Spielberg "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1990).

97. Adolf Hitler: Mein Kampf. München 805–809 1943, S.15.

98. Wilhelm Landig: Wolfszeit um Thule, a.a.O., S.472.

Siehe auch: Arfst Wagner: Anthroposophen und Nationalsozialismus (Teil I), a.a.O., S.11 f.

99. Siehe: Trevor Ravenscroft: Speer des Schicksals, a.a.O., Kap. 5.

100. Dietrich Bronder: Bevor Hitler kam. Genf 2 1975, S.267.

101. ebd.

102. Siehe: Arfst Wagner (Hg.): Sonderreihe der Beiträge zur Dreigliederung des sozialen Organismus: Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Bd.1, Rendsburg 1991, S.95 f.

103. Joachim Fest: Hitler. Frankfurt/Main 1973, S.297 f.

104. Golo Mann: Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 6 1958, S.822.

105. Gesetzestext des Deutschen Reichstags. Berlin 1933. Zit. nach: Staatliche Kunsthalle Berlin (Hg.): 1933 – Wege zur Diktatur. Berlin 1983, S.316 ff.

106. Rede von Otto Wels (SPD). Zit. nach: ebd., S.327 f.

107. Originalaufnahme (Auszüge) der Rede Hitlers. In: Dokumentation Das Dritte Reich, Band: Ein Volk, ein Reich, ein Führer (Kassettenteil). Hamburg 1989.

108. Adolf Hitler: Rede zum Ermächtigungsgesetz. Zit. nach: Staatliche Kunsthalle Berlin (Hg.): 1933 – Wege zur Diktatur, a.a.O., S.328 ff.

109. Rudolf Steiner: Die soziale Grundforderung unserer Zeit – In geänderter Zeitlage. GA 196, Dornach 2 1979, Vortrag v. 07.12.1918, S.115.

110. Christoph Lindenberg: Hitler stieß in das Vakuum. In: Flensburger Hefte 32: Anthroposophen und Nationalsozialismus, a.a.O.

111. Matthäus 5, 10.

112. Matthäus 7, 16.

113. Siehe Anm. 16.

114. Matthäus 2, 2.

115. Siehe Anm. 35.

116. Matthäus 26, 29.

117. Lukas 1, 32.

118. Siehe Anm. 35.

119. Matthäus 16, 18.

120. Matthäus 4, 17 (zit. nach Emil Bock: Das Neue Testament. Stuttgart 1983).

121. Johannes 18, 36.

122. Friedrich Heer: Der Glaube des Adolf Hitler, a.a.O., S.262.

123. Siehe z.B.:.

Dusty Sklar: The Nazis and the Occult. New York 1977.

Gerald Suster: Hitler and the Age of Horus. London 1981.

Francis King: Satan and Swastika. St. Albans 1977.

J.H. Brennan: Occult Reich. London 2 1976.

J.H. Brennan: The occult history of the world. London 1976.

124. Hans-Jürgen Glowka: Deutsche Okkultgruppen 1875–1937. München 1981.

125. Gerhard Baader/Ulrich Schultz (Hg.): Medizin und Nationalsozialismus. Berlin 1980, S.115.

126. Russell McCloud: Die schwarze Sonne von Tashi Lhunpo, a.a.O., S.157.

127. ebd.

128. ebd.

129. Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens. Freiburg/Br. 4 1981, S.11 f.

130. Literaturangaben von Miers:.

Louis Pouwels/Jacques Bergier: Aufbruch ins 3. Jahrtausend. O.O. (München) 1979.

Rijkenborgh: Licht über Tibet. Haarlem 1954.

Walter Studinsky: Shaballa und Agarti. In: DAW 1+2/64.

Ferdinand Ossendowski: Tier, Menschen und Götter. Frankfurt 1923.

131. Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens, a.a.O., S.372 f.

132. Franz-Karl Ehrhard/Ingrid Fischer-Schreiber: Das Lexikon des Buddhismus. Bern/München/Wien 1992, S.196 f.

133. Rudolf Steiner: Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt. GA 118, Dornach 2 1977, Vortrag v. 06.03.1910, S.130 f.

134. Rudolf Steiner: ebd., Vortrag v. 15.04.1910, S.152 f.

135. Arfst Wagner: Denn es werden viele kommen unter meinem Namen. In: Flensburger Hefte 39: Christus. Flensburg 1992. Siehe hierzu auch das Kapitel: Rudolf Hess, der Christus des Wassermann-Zeitalters? S.150 ff.

136. Wilhelm Landig: Götzen gegen Thule, a.a.O., S.258.

137. ebd., S.735.

138. Siehe Guido von List: Die Armannenschaft der Ario-Germanen. Berlin-Lichterfelde 1929.

139. Rudolf von Sebottendorf: Bevor Hitler kam. München 1933.

140. Siehe Rudolf J. Mund: Lanz von Liebenfels und der neue Templer- Orden. Stuttgart 1976.

Ekkehard Hieronimus: Lanz von Liebenfels. Toppenstedt 1991.

Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. Wien/Köln/Graz 1985.

Friedrich Heer: Der Glaube des Adolf Hitler, a.a.O., S.709 ff.

141. Hans-Diedrich Fuhlendorf: Rückkehr zum Paradies oder Erbauen des Neuen Jerusalem? a.a.O., S.205 ff.

142. Benito Mussolini: Die Lehre des Faschismus. Florenz 3 o.J., S.14 und 64 f.

143. Vgl. Johannes Tautz: Menschheit an der Schwelle. Stutgart 1980.

144. Gary Allen: Die Insider. Wiesbaden 2 1974.

Gary Allen: Die Rockefeller-Papiere. Wiesbaden 1976.

145. Des Griffin: Die Herrscher – Luzifers 5. Kolonne. Vaduz/Lichtenstein 1980.

Des Griffin: Die Absteiger – Planet der Sklaven? Vaduz/Lichtenstein 1981.

146. Johannes Rogalla von Bieberstein: Die These von der Verschwörung 1776–1945. Flensburg 1992.

147. Rudolf Steiner: Heilfaktoren für den sozialen Organismus. GA 198, Dornach 1969, Vortrag v. 17.07.1920, S.271.

148. Rudolf Steiner: Gegensätze in der Menschheitsentwickelung. GA 197, Dornach 1967, Vortrag v. 30.07.1920, S.127.

149. ebd.

150. Rüdiger Safranski: Die Rückkehr des Bösen. In: FAZ, 24.12.1992.

151. Friedrich Heer: Der Glaube des Adolf Hitler, a.a.O., S.599.

152. Siehe u.a.: Manfred Waffender (Hg.): Cyberspace – Ausflüge in virtuelle Wirklichkeiten. Hamburg 1991.

153. Zit. nach: Michael Chaouli: Verwirrung der Sinne. In: Zeitschrift High Tech, Nr.4/1990.

154. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit – Grundzüge einer modernen Weltanschauung. GA 4, Dornach 3 1973.

155. Arfst Wagner: Nationalokkultismus (Teil I), a.a.O., S.157.

156. Klaus Vondung: Magie und Manipulation – Ideologischer Kult und politische Religion des Nationalsozialismus. Göttingen 1971, S.7.

157. ebd., S.183.

158. ebd., S.182.

159. Zit. nach ebd., S.117.

160. Werke von Hans Baumann: Im Buchhändlerkatalog "Verzeichnis lieferbarer Bücher" von 1991 sind etwa 50 erhältliche Bücher von Hans Baumann angegeben, die unter anderem in den Verlagen Thienemann, Freies Geistesleben, Ravensburger Buchverlag und Loewe erschienen sind.

161. Zit. nach: Klaus Vondung: Magie und Manipulation, a.a.O., S.186.

162. ebd., S.117 f.

163. Miguel Serrano: Das Goldene Band – Esoterischer Hitlerismus. Wetter 1987.

164. ebd., S.21.

165. ebd.

166. Zit. nach: Friedrich-Wilhelm Haack: Europas neue Religion. Gütersloh 1991, S.112.

167. ebd., S.112 f.

168. Cassette aus dem Archiv des Verfassers